A98_Kunst & Antiquitaeten

34 | Anordnung von Ranken und Blättern lässt aber zugleich eine Deutung als maskenhafte Fratze aus vegetabilen Elementen zu, ähnlich einem Bild des Arcimboldo. Eine weitere der zeitgenössischen antiken Kunst voll entsprechende Lesart wäre ein phallisches Symbol, das durch die beiden Früchte und das zentrale lange Blatt gebildet wird. Mit diesen Henkeln konnte der gesamte Apparat getragen und an den gewünschten Platz verbracht werden. 6) Drei Vogelskulpturen: Die vollplastisch ausgearbeiten Vögel lassen sich aufgrund der Gestaltung von Füßen, Gefieder, Hals und Schnabel wohl recht sicher als Gänse deuten. 7) Über dem Grill konnte eine konische Abdeckung aus Bronzeblech platziert werden, die an den Deckel einer einfachen, doppelwandigen Authepsa aus Pompeji erinnert und die über deren zentraler, offener Röhre platziert ist. Aus Pompeji sind auch einfache Authepsae mit nur einem hohen Zylinder auf drei Füßen bekannt, deren Aufbau sonst dem hier vorhandenen hohen Zylinder entspricht. In diese Authepsae konnte von oben her ein Gefäß mit Wasser oder Nahrung eingesetzt werden, das durch einen Absatz am oberen Rand gehalten und von unten durch Kohlen erhitzt wurde. An der Stelle der Öffnung zum Schacht befand sich bei diesen Authepsae eine Türe zumEinfüllen von Kohle bzw. zumEntleeren von Asche. Auch beim vorliegenden Gerät wäre der Einsatz eines solchen Gefäßes denkbar gewesen. Der massive obere Randring besitzt auf der Innenseite einen rundum nach innen ragenden Steg, der ein eingesetztes Gefäß halten kann. Für die gesamte Konstruktion ist eine komplexe Authepsa aus Stabiae ein guter Vergleich. Auch hier besteht die Apparatur aus einem hohen Zylinder mit Deckel, einem gleichartigen Verbindungsschacht und einem doppelwandigen Zylinder, der allerdings auf einer Seite unterbrochen ist und der in den offenen Innenraum blicken lässt. Auch dieser unterbrochene Zylinder ist oben durch Vogelskulpturen bekrönt. Die sehr ähnliche Konstruktion ist aber in diesem Fall in einen rechteckigen „Aschebehälter” als Grundfläche eingebunden, der an den Außenseiten vier Füße hat. Die Beheizung erfolgte durch glühende Kohlen im offenen Innenraum des doppelwandigen Zylinders. Auf der Außenwand des doppelwandigen Zylinders befindet sich dort auch ein „Hahn”, aus dem heißes Wasser abgelassen werden konnte, das sich vom hohen Zylinder aus über den Deckel eingießen ließ und über den Verbindungsschacht den Hohlraum zwischen den Wänden des niedrigen Zylinders auffüllen konnte. Möglicherweise besaß auch die hier vorliegende Authepsa einen solchen Hahn, der jedoch nicht erhalten ist. Da einzelne Fehlstellen in der Außenwand ergänzt worden sind, könnte der Ansatz einer Öffung für einen solchen Hahn inklusive des Hahns verloren gegangen sein. Die Beheizung des vorliegenden Geräts erfolgte wohl durch ein kleines, niedriges, rundes Kohlebecken, das direkt unter dem doppelwandigen Zylinder platziert wurde.
Dergleichen kleine Kohlebecken sind in großer Zahl aus Pompeij bekannt und würden hier von der Funktion her dem „Aschebehälter” der Authepsa aus Stabiae entsprechen. Platzierte man den konischen Aufsatz über dem „Grill”, der die Oberseite schon partiell abdeckt, wurde so die Hitze im Inneren des doppelwandigen Zylinders noch mehr gestaut. Zugleich kann der hohe Zylinder auch als Einsatz für ein Gefäß verwendet worden sein, unabhängig davon, dass vorher Wasser in das RÖMISCHES REICH 11 Mehrteiliger Nahrungswärmer (Authepsa) aus Bronze, römisch, 1. Jhdt. n. Chr. Zweiteiliger Nahrungswärmer aus niedrigem doppelwandigen Zylinder, über kurzem Schacht mit hohem Zylinder mit Deckel verbunden, in den ein Gefäß mit Flüssigkeit oder Nahrung eingesetzt und vomVerbindungschacht her von unten beheizt werden konnte. Ausgesprochen seltenes und gut erhaltenes multifunktionales Küchengerät aus frührömischer Zeit. Einige gute, meist weniger komplexe Vergleichsstücke stammen aus hochstehenden Haushalten der römischen Vesuvstädte.
Die einzelnen Komponenten: 1) Doppelwandiger Zylinder mit zentraler, vertikal verlaufender, offener Röhre, die oben durch einen „Grill” aus drei hohlen, horizontal verlaufenden Blechzylindern partiell abgedeckt ist. Der breite „Bodenring” des doppelwandigen Zylinders unten mit einer Legierung aus Weißmetall verstärkt. Die Innenwand unten zur offenen Röhre hin eingezogen und nach oben leicht konisch verlaufend, oben die drei horizontalen Blechzylinder eingesetzt. Die Außenwand gerade verlaufend und oben durch eine breite, facettierte Blechwulst abgedeckt, die Außen- und Innenwand abschließt. Auf der Oberseite der Wulst drei vollplastisch gearbeitete Vogelskulpturen. An der Außenseite, gegenüber vom Verbindungsschacht zum hohen Zylinder, ein aufwendig gearbeiteter vollplastischer Henkel, der ein identisches Gegenstück auf der gegenüberliegenden Seite des hohen Zylinders besitzt. Höhe des doppelwandigen Zylinders ohne die Vogelskulpturen 20 cm, mit den Vögeln ca. 28 cm. Durchmesser 25,5 cm. 2) Verbindungsschacht mit rechteckigem Querschnitt, der die beiden Zylinder durch demQuerschnitt in der Größe entsprechende Öffungen in den Zylindern verbindet. Länge an den Außenseiten 12 cm. Höhe 13 cm. 3) Hoher Blechzylinder, der oben durch einen leicht gewölbten Deckel mit einer Handhabe nach dem Prinzip eines modernen Bierkrugs verschlossen werden kann. Der obere Rand durch einen massiv gegossenen Ring mit einem lesbischen Kymation auf der Außenseite abgeschlossen, daran Handhabe und Deckel befestigt. Auf der Wandung horizontale Drehrillen. Zum Boden hin ist der Zylinder durch eine schmale obere und eine breite untere Wulst profiliert, der Boden aus leicht nach außen gewölbtemBlech. Höhe des Zylinders mit Handhabe ca. 47 cm. Durchmesser 20 cm. 4) Füße: Die gesamte Konstruktion unten durch drei massiv gegossene Füße mit horizontalem Steg auf der Innenseite getragen, zwei schräg nach außen weisend am hohen Zylinder, einer auf der Außenseite des doppelwandigen Zylinders. Alle Füße gleich gestaltet: Über einer trommelförmigen, profilierten und mittig eingezogenen Basis ein Raubkatzenfuß. Auf diesen folgt nach einem floral gestalteten Übergang in der Mitte ein leicht nach vorne durchgebogener Oberkörper eines Eroten mit Knabenfrisur und Flügeln. Antlitz und anatomische Details fein ausgearbeitet. Höhe der Füße ca. 30 cm. 5) Henkel: Die massiv gegossenen Henkel an den beiden Längsseiten sind von hoher künstlerischer Qualität und bieten dem Betrachter ein Vexierspiel. Zum einen können die Komponenten als rein florale Ornamentik mit Blättern, Ranken und Früchten gesehen werden. Die

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