A96_Kunst_und_Antiquitaeten

80 | tasche wird durch diesen Kunstkniff verstärkt. Oberfläche zur Herstellungszeit dunkelgrün patiniert. Der für ein blechernes Gefäß (so zumindest in römischer Zeit) viel zu schwere Henkel war nie für einen solchen Zweck gedacht. Von römischen Gefäßen blieben oft nur die massiveren Bronzehenkel erhalten, während die dünnen Gefäßwandungen, insbesondere bei starker Mineralisierung des Metalls im Boden, oft zerscherbt waren und unbeachtet blieben. Ähnlich wie nach dem Vorbild seltener und schöner römischer Bronzemünzen in der Renaissance stilistisch und qualitativ hochwertige Kopien erstellt wurden (sogenannte Paduaner), stellt dieser Henkel ein geradezu übersteigertes Ideal eines römischen Gefäßhenkels mit üppiger Verzierung dar, der einst die Sammlung eines Antikenliebhabers der Renaissance ergänzte, sei es ein Adliger oder ein reicher Kaufmann. Stil und Technik verraten jedoch bei genauer Betrachtung den Zeitgeist der Renaissance. Prachtexemplar einer renaissancezeitlichen Bronzeplastik von erlesener künstlerischer und handwerklicher Qualität Provenienz: Aus Lagerbestand einer Münchner Galerie. A richly decorated bronze handle based on Roman models, Renaissance, 15th century Exceptionally heavy, massive and richly decorated bronze handle, closely based on Roman models, which was probably designed as an antique-style “sculpture” without ever having been attached to a vessel. The handle is divided into three parts. The “horizontal” frame on top encircling the rim of a fictitious vessel mouth, a ribbon-shaped handle in the middle and a figuratively designed attachment at the bottom. The uppermost part of the handle and the inner part of the frame form an ornamental unit decorated with acanthus leaves whose ends curl backwards. The ends of the frame terminate in delicately crafted goats’ heads. The anatomically precise reproduction is chiselled and finely punched on the surface, among other things, to reproduce the structure of the fur. The upper part of the handle and the part unANTIKENREZEPTION 58 Reich verzierter bronzener Henkel nach römischem Vorbild, Renaissance, 15. Jhdt. Außergewöhnlich schwerer, massiver und reich verzierter Bronzehenkel, eng angelehnt an römische Vorbilder, der wohl als antikisierende „Skulptur” konzipiert worden ist, ohne je an einem Gefäß befestigt worden zu sein. Der Henkel gliedert sich in drei Teile. Oben die „horizontal” eine fiktive Gefäßmündung am Rand umklammernde Zarge, mittig ein bandförmiger Henkel, unten eine figürlich gestaltete Attasche. Der oberste Teil des Henkels und der innere Teil der Zarge bilden eine ornamentale Einheit, die mit Akanthusblättern verziert ist, deren Enden sich rückwärts einrollen. An den Enden der Zarge je ein ausgesprochen fein ausgearbeiteter Ziegenkopf. Die anatomisch präzise Wiedergabe auf der Oberfläche nachziseliert und fein punziert, u.a. um die Fellstruktur wiederzugeben. Oberster und darunterliegender Teil des Henkels durch zwei gegenständige, schmale Akanthusstege getrennt, der untere mit Silber plattiert. Der Henkel durch einen silberplattierten Perlrand eingefasst. Auf der Oberfläche eine Wellenranke mit sich einrollenden Zweigen in Wellenbergen und -tälern, einzelne Blätter ebenfalls silberplattiert. Unterhalb des Henkels die im Umriss schildförmige Attasche mit einem Kopf, der eine Mischung aus Medusen- und Oceanushaupt darstellt. Flügel in der Frisur oberhalb der Stirn und verknotete Schlangen unterhalb des Kinns sind typische Elemente einer Medusendarstellung. Sechs seitlich aus den welligen Locken hervorschwimmende Delfine und Pflanzenblätter hingegen sind Elemente einer Oceanusdarstellung. Auf der innen und am Rand unregelmäßig geformten Rückseite der Attasche, die nicht für eine Befestigung durch Lötung oder Montage gedacht war (Pseudoattasche), eine massive, kugelige Auflage. Die Ausdruckskraft der solchermaßen vom Boden abgehobenen figürlichen At-

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